StudiumOrientierungsberater Andreas Peez

Der Taxi fahrende Philosoph – Klischee oder Wirklichkeit?

Dominik L. aus Hannover hatte sich schon zu Schulzeiten immer für die großen Fragen des Lebens interessiert. In seinem Lieblingsfach Ethik diskutierte er leidenschaftlich mit, und auch in seinem Freundeskreis drehten sich die Gespräche häufig um gesellschaftliche Fragestellungen und politische Themen. Mit Wirtschaft oder Technik konnte er wenig anfangen. So war für ihn klar, dass er nach dem bestandenen Abitur ein Studium der Philosophie aufnehmen würde. Sein Umfeld jedoch reagierte alles andere als positiv auf sein Vorhaben, und seine Eltern wurden regelrecht panisch – sie hatten Angst, dass Dominik mit diesem Studium nicht den Weg ins Berufsleben finden würde.

Orientierungsberater Andreas Peez Orientierungsberater Andreas Peez aus München beobachtet in seiner täglichen Beratungspraxis, dass sich ein nicht unerheblicher Teil der Abiturienten später ein Beschäftigungsfeld wünscht, in dem sie einen inhaltlichen Sinn finden, gesellschaftliche Prozesse und die Zukunft unseres Planeten mitgestalten bzw. sich mit Themen wie Gerechtigkeit oder Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Diese jungen Leute tendieren zu geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen, weil sie dort die Inhalte und das Umfeld zu finden hoffen, in dem sie sich optimal entfalten können. Doch das persönliche Umfeld oder die eigene Angst vor beruflicher Erfolglosigkeit führt oft zu Zweifeln und Kompromissen, und am Ende findet sich der ursprünglich hoch motivierte Studienanfänger mit gebremster Energie in einem BWL-Studium wieder.

Sind die Berufsaussichten von Geisteswissenschaftlern tatsächlich so viel schlechter als die von Absolventen anderer Studienrichtungen? Eine Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft aus dem vergangenen Jahr gibt Entwarnung: Unterschiede zu anderen Studienrichtungen hinsichtlich Karriere und Einkommen sind zwar messbar, aber mit zunehmender Berufserfahrung immer weniger relevant. 40 Prozent aller Unternehmen ab 250 Mitarbeitern beschäftigen Geisteswissenschaftler, auch als Führungskräfte und häufig in kommunikativen oder koordinierenden Funktionen. Zu diesen Fakten gehört allerdings auch eine andere Wahrheit, die durch die Studie ebenfalls bescheinigt wird: Zu Beginn der beruflichen Laufbahn haben es Geisteswissenschaftler schwerer als ihre Kollegen, einen adäquaten Einstieg in den Job zu finden – sie verdienen anfangs oft weniger, und vor allem nach dem Bachelorabschluss öffnen sich weniger Türen als bei Wirtschaftswissenschaftlern oder Ingenieuren.

Also doch lieber Finger weg von den Geistes- und Sozialwissenschaften? Orientierungsberater Andreas Peez sieht den Sachverhalt differenziert. Er sagt: „Die Studienwahl ist nicht nur eine strategische Entscheidung, sondern sollte auch persönliche Neigungen und Talente abbilden. Wer sich in einem geisteswissenschaftlichen Studiengang wiederfindet und aus Angst darauf verzichtet, riskiert, diese Entscheidung später zu bereuen und den Job nur als Mittel zum Geldverdienen zu betrachten – was zu chronischer Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation führen kann.“

Zur Studienwahl gehört aber auch ein gewisses Risikomanagement, denn eine unbefriedigende Karriere nach einem erfüllenden Studium ist für die meisten sicherlich auch keine attraktive Perspektive. Und so müssen angehende Geisteswissenschaftler noch mehr als andere Studierende schon während des Studiums relevante Erfahrung und Zusatzqualifikationen erwerben. Und ohne einen Master geht es meistens nicht. Dominik L. hat, anders an manche Kommilitonen, hier viel richtig gemacht: Während seines Bachelors und Masters hat er ein Auslandssemester eingelegt, ein Praxissemester bei einer internationalen Organisation in Paris absolviert, bei einer PR-Agentur und einer Unternehmensberatung als Werkstudent gearbeitet und nebenher Informatikkurse belegt. Wohin es ihn langfristig ziehen wird, weiß er jetzt noch nicht genau. Aber um seinen Berufseinstieg muss er sich definitiv keine Sorgen machen.

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