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Gendern im Onlinemarketing
Warum Ihre Wortwahl über den Unternehmenserfolg mitentscheidet
Ob Social Media, Karriere-Webseite oder klassischer Werbetext – im Onlinemarketing zählt jedes Wort. Gerade bei der Ansprache junger Zielgruppen kann die Entscheidung, ob und wie Sie gendern, weitreichende Folgen haben. Denn Sprache formt unser Denken – und damit auch die Wahrnehmung Ihrer Marke. Eine Studie des Instituts für Generationenforschung zeigt: Über die Hälfte der 16- bis 26-Jährigen findet Gendern wichtig. Besonders junge Frauen empfinden gendersensible Sprache als Zeichen von Gleichberechtigung und Wertschätzung. Ein klarer Handlungsauftrag für alle, die diese Zielgruppe erreichen wollen.
Warum gendern mehr ist als ein politisches Statement
Doch immer noch scheuen Unternehmen die gendersensible Sprache aus Angst vor Irritationen oder Shitstorms. Doch wer sich nicht positioniert, wirkt schnell altmodisch. Vor allem im Employer Branding kann das teuer werden. Denn auch das zeigt die bereits genannte Studie: dass eine angepasste Sprache in Stellenanzeigen zu einem signifikanten Anstieg der Bewerbungen von Frauen führt. Gerade jüngere Zielgruppen, Frauen und Menschen aus der LGBTQIA+-Community achten auf inklusive Formulierungen – nicht nur beim Arbeitgeber, sondern auch bei Markenkommunikation, Social Media Posts und Produktbeschreibungen. Hier entscheidet oft der erste Eindruck – und der entsteht durch Sprache.
Sieben konkrete Touchpoints für mehr Gender-Sensibilität im Recruiting
Wer bei der Ansprache von Bewerbenden ansetzen will, sollte diese sieben Punkte berücksichtigen:
- Stellentitel: Neutralisieren Sie Begriffe wie „Manager“ zu „Management“ oder nutzen Sie Formen wie „Mitarbeitende“.
- Diversity-Statement: Bereits im Einstieg der Stellenanzeige ein klares Bekenntnis zu Chancengerechtigkeit und Inklusion abgeben.
- Konsequente Sprache im Anzeigentext: Gendersensible Begriffe im gesamten Text verwenden – nicht nur in der Überschrift.
- Vermeidung männlich konnotierter Begriffe: Statt „Mannschaft“ lieber „Team“ schreiben.
- Ausgewogene Adjektive: Achten Sie auf ein Gleichgewicht zwischen stereotypisch männlich („analytisch“) und weiblich („teamfähig“) besetzten Eigenschaften.
- Soziale Benefits und Weiterbildung: Diese sprechen insbesondere Frauen an und sollten klar benannt werden.
- Persönliche Ansprechpersonen: Vermeiden Sie anonyme Bewerbungsverfahren. Menschen wollen Menschen – auch im Recruiting.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Gestaltung einzelner Stellenanzeigen. Gerade im digitalen Umfeld spielt der gesamte Employer-Branding- und E-Recruiting-Prozess eine entscheidende Rolle, um ein diverses Publikum authentisch anzusprechen. Unternehmen, die hier konsequent ansetzen, erhöhen ihre Sichtbarkeit und ihre Chance, wirklich passende Talente zu gewinnen.
Gendersensibel texten – auch über Karriereportale hinaus
Die genannten Prinzipien lassen sich leicht auf andere Kommunikationskanäle übertragen: Von der Website über Broschüren bis hin zu Social Media. Dabei geht es nicht nur ums Gendern. Vielmehr rückt die Frage in den Fokus: Wie spreche ich meine Zielgruppen wirklich an – inklusiv, wertschätzend, auf Augenhöhe? Denn für immer mehr Menschen ist es wichtig, dass gegendert wird, aber sie sind nicht begeistert davon, wie es oftmals umgesetzt wird. Hier kommt die sogenannte Neutralisierung ins Spiel: Statt Sternchen oder Doppelpunkte empfiehlt sich bei vielen Begriffen eine neutrale Variante wie „Lehrkraft“ oder „Teamleitung“. Diese sind nicht nur barriereärmer, sondern fördern auch den Lesefluss.
Gendern als Herausforderung? Ja – aber lösbar
Klar ist: Eine komplett inklusive Sprache für alle Zielgruppen zu schaffen, ist utopisch. Wer gendert, kann es nicht allen recht machen. Doch keine Entscheidung zu treffen, ist für Unternehmen die schlechteste Option. Empfehlenswert ist ein klarer interner Sprachleitfaden.
Dieser Leitfaden muss kein umfassendes Handbuch sein. Bereits ein übersichtlicher One-Pager genügt, um für Klarheit zu sorgen. Darin halten Sie zentrale Regeln für Ihre Unternehmenskommunikation fest – unter anderem:
- Welche Form des Genderns verwenden wir (z. B. Neutralisierung, Doppelnennung)?
- Welche Begriffe wollen wir vermeiden oder ersetzen (z. B. „Mannschaft“ durch „Team“)?
- Wie sprechen wir über unser Unternehmen (z. B. „das Unternehmen“ statt „die eMBIS-Akademie“)?
- Welche Standards gelten für englische Begriffe und Stellenbezeichnungen?
- Welche Formulierungen verwenden wir in Social Media, auf der Website oder in Stellenanzeigen?
So entsteht für alle Mitarbeitenden Sicherheit im Umgang mit Sprache – ein zentraler Erfolgsfaktor für Kommunikationsteams.
Haltung zeigen – Zielgruppen erreichen
Gendersensible Sprache ist kein Modetrend. Sie ist Ausdruck einer Haltung – und ein klares Signal an Ihre Zielgruppen. Wer jüngere Menschen, Frauen und diverse Communities erreichen will, kommt an dieser Art der Kommunikation nicht vorbei. Das gilt besonders für Recruiting und Employer Branding, lässt sich aber genauso auf das gesamte Onlinemarketing übertragen. Denn am Ende entscheidet Ihre Wortwahl, ob Menschen sich angesprochen fühlen – oder nicht.
Markus Bockhorni ist Gründer und Inhaber der eMBIS-Akademie für Onlinemarketing. In seinem Fachbuch „Erfolgreich als Online-Marketing-Manager. Auf diese Soft Skills kommt es an – heute und in Zukunft“ (Springer Gabler, 2019) widmet er sich dem Thema `Lebenslanges Lernen`. Als Gastautor ausgewählter Fachportale wie XOVI oder unternehmer.de veröffentlicht er regelmäßig Artikel zu den Themen Weiterbildung und Lebenslanges Lernen.



